Glück im Unglück

Ich dachte, mir würde das nie passieren. Und doch, als ich vor zwei Wochen am Sonntagabend um 22:30 Uhr am Bahnhof ankam, war mein Fahrrad weg - gestohlen. Anstatt mich aufzuregen, nahm ich das Tram nach Hause und machte mich noch auf dem Weg online auf die Suche nach einem neuen Drahtesel. So funktioniere ich einfach. Wenn ein Problem auftaucht, rattert mein Hirn solange, bis es eine einigermassen zufriedenstellende Lösung gefunden hat. Ich kann gar nicht anders.

Als ich 45 Minuten später im Bett lag, kam mir die Idee, mal bei Galaxus zu stöbern. Ich konnte nicht anders, als das Licht nochmals anzuschalten, den Flugmodus auf dem Smartphone wieder auszuschalten und galaxus.ch aufzurufen. Mir war klar, dass ich jetzt nicht mehr ein Mountainbike möchte. Schliesslich wohne ich in der Stadt. Ein Citybike soll es sein. Am besten mit Licht, Glocke, Ständer und Schutzblech - und günstig soll es sein. So, dass ich es mit dem Versicherungsgeld für das gestohlene Fahrrad bezahlen kann. Ach ja, mehr als einen Gang will ich auch. Unglaublich, aber wahr - keine fünf Minuten später wurde ich fündig: Ortler Gotland heisst das Ding. Von der österreichischen Marke habe ich noch nie gehört, aber es erfüllt alle meine Kriterien, sogar eine Nabenschaltung gehört zur Ausstattung. Gute 500.- CHF kostet es und wenn ich es mir noch zusammenbauen und fixfertig liefern lasse, 100.- CHF zusätzlich.

Am Montagmorgen schaute ich mir noch einige Bewertungen an, die mir schliesslich grünes Licht gaben, sodass ich es bestellte. Ein Schloss kaufte ich auch gleich. Aber Achtung: Bilder täuschen! Wer hätte gedacht, dass ein harmlos aussehendes Fahrradschloss ganze 1.1 kg schwer sein kann?

Ich merke mir: Die Gewichtsangabe bei Onlineartikeln sollte vor dem Kauf geprüft werden!

Kurzerhand bestellte ich ein Neues, Leichteres und nahm mir vor, das Erste wieder zurückzuschicken. Dank dem Versicherungsgeld mache ich trotzdem kein Verlustgeschäft.

Zwei Wochen später wurde das Ortler Gotland geliefert und es begeistert mich. Mein gestohlenes Mountainbike war breit, hatte dicke Reifen und das hintere Schutzblech machte bei jeder Bodenschwelle einen solchen Lärm, weil man es nicht richtig befestigen konnte, dass sich die Passanten nebenan erschrocken umdrehen. Fazit: Für die Stadt ungeeignet. Für den neuen Speedy Gonzales musste ich nichts bezahlen und ich erhielt ein schnelleres, passenderes Fahrrad, bei dem ich nicht mal drandenken muss, jeweils das Licht mitzunehmen.

Aber Achtung auch hier: Ich musste tatsächlich googlen, wie ich das Nabendynamo-Licht anschalten kann: Beim Vorderlicht hat es einen kleinen Schalter, den man betätigen muss und erst dann wird der Dynamo aktiv.

Ab jetzt nehme ich mir vor, das Fahrrad jeweils an etwas Festem anzuketten - zumindest, wenn ich es am Bahnhof stehen lasse. Das habe ich nämlich beim Mountainbike nicht gemacht.

So oder so, mit meinem Neukauf hatte ich definitiv Glück im Unglück.